Während unseres Aufenthaltes beim Mega Berlin hatten saarzwerg und ich Gelegenheit uns einen besonderen Lostplace im Rahmen der historischen Führung anzuschauen: die ehemalige Field Station Berlin auf dem Teufelsberg. Bestimmt habt Ihr schon Bilder von diesem Lostplace gesehen – auffällig sind die weißen Radarkuppeln (Radome).
Von dieser Location und seiner Geschichte möchte ich Euch in diesem Artikel erzählen und Euch virtuell durch die Gebäude führen…
Dieser „Berg“ hat eine bewegte Geschichte: Am Anfang war dort alles flach – es gab keinen Berg. Die Nazis wollten dort die Wehrtechnische Fakultät aufbauen, welche aber nie aus dem Rohbau-Zustand herauskam. Nach dem Krieg wurden dort 22 Jahre lang (!) Tonnen von Schutt aus dem zerbombten Berlin abgeladen, woraus der heutige Teufelsberg entstanden ist. Das amerikanische Militär überzeugte dann die Briten (der Teufelsberg lag im britischen Sektor) dort eine gemeinsame Abhörstation zu bauen. Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde diese Station 1992 aufgegeben. Danach kam ein kurzes Gastspiel einer deutschen Radaranlage zur Flugraumüberwachung, 1996 wollte dort ein Investor Luxus-Appartements bauen. Dies wurde jedoch per Gerichtsbeschluss von den Anwohnern gestoppt und das Gelände vereinsamte langsam. Am 10. Juni 2007 wurde dann der Lostplace-Klassiker FSB Site IV gepublished. Bis zum 21. November 2010 wurde dieser Cache 145 mal gefunden, bevor er am 24. März 2011 endgültig ins Archiv geschickt wurde, da die Field Station Berlin ab diesem Zeitpunkt von einem Wachdienst geschützt wurde. Der Wachdienst arbeitet kostenlos und darf dafür im Gegenzug das Gelände vermarkten – also das gleiche Konzept wie im Berliner Spreepark.
Seit Februar 2011 ist diese Location im Rahmen von Führungen für die Allgemeinheit zugänglich. Empfehlen können wir die historische Führung, die jeden Samstag und Sonntag um 13:00 stattfindet und 15? pro Person kostet.
Nun möchte ich Euch virtuell an dieser Führung teilnehmen lassen…
saarzwerg und ich beginnen unsere Tour an der S-Bahnstation Heerstrasse. Von dort ist es eine schöne kleine Wanderung durch den Grunewald bis auf den Teufelsberg. Schon nach Verlassen der S-Bahnstation ist der Weg klar…
Nach einem kurzen Spaziergang erreichen wir den Wald. Hier kann man schon das erste Mal eine der Radarkuppeln erkennen.
Nun geht es aufwärts. Insgesamt 60 Höhenmeter sind bis zum Gipfelbereich zu bewältigen. Heute liegt nahe des Zaunes der Anlage noch ein Tradi versteckt, den wir natürlich auch mitnehmen: Die alte Abhörstation. Wir verlassen den Wald am Tradi Richtung Abhörstation und haben nun einen schönen Blick auf den großem Radarturm.
Nun laufen wir am Zaun entlang bis zum Haupteingang, wo um 13:00 Uhr die Führung beginnen soll.
Dort bezahlen wir den Eintrittspreis von 15? pro Person und bekommen einen Stempel als Quittung.
Ich finde den Preis angemessen, da darin auch eine Fotografiererlaubnis für private und kommerzielle Zwecke enthalten ist. Davon könnten sich die Berliner Unterwelten eine Scheibe abschneiden, auf deren Homepage konnte ich lesen, dass bei deren Führungen Fotografieren nicht erlaubt ist!
Direkt hinter dem Haupteingang befindet sich das kleine Wachhäuschen mit den ausfahrbaren Sperren.
Wir haben Glück, unsere Führung wird von Christopher McLarren, einem ehemaligen Nachrichtendienstler der U.S. Army auf dem T’Berg veranstaltet und er plaudert so richtig aus dem Nähkästchen. Als Erstes kommen wir am ehemaligen Lager und der Messe vorbei. Nachdem das Gelände eine Zeitlang sich selbst überlassen wurde, haben hier die Vandalen alle Fensterscheiben zerstört.
Hier hält die Gruppe das erste Mal an und der Guide erklärt uns die Entstehung der Abhörstation und deren Aufgabe im „kalten Krieg„. Wir gehen weiter in den Bereich zwischen Messe und Bürogebäude. Hier haben wir das erste Mal während der Führung einen freien Blick auf die Radome. In der Messe wurden die amerikanischen und britischen Soldaten verköstigt. Nach Aussagen unseres Guides waren die britischen Soldaten über die Zubereitung ihres beliebten „Fish & Chips“ durch die amerikanischen Köche recht unglücklich. Es dauerte einige Zeit, bis diese dieses Gericht „vernünftig“ zubereiten konnten.
Auf dem Gelände sind heute auch Künstler untergebracht. Sie haben sich diesen Radarturm („Jambalaya Tower“) hergerichtet und bemalt. Der Turm ist der jüngste und wurde erst 1989 errichtet.
Überall sieht man Graffitis. Die Wände der fensterlosen Bürogebäude bieten sich hierfür an. Das Gelände kann auf Anfrage für Kunstprojekte genutzt werden. Nur mit der Genehmigung für öffentliche Veranstaltungen auf dem Gelände hakt es derzeit noch. Inzwischen kann es jedoch für verschiedene Events gebucht werden.
Wir betreten den Bürokomplex im Bereich des Militärpolizei-Postens, der für die Sicherheit auf dem Gelände zuständig war. An der Wand erkennt man noch deren Wappen.
Auch eine schwere Panzertür gibt es in diesem Bereich. Ob dahinter die Zellen oder die Waffenkammer waren, konnte ich nicht in Erfahrung bringen.
Nun gehen wir weiter in Richtung der großen Büroräume durch die gedeckten Gänge. Da alles fensterlos ist und durch Gänge verbunden, war von außen nicht zu sehen, wer wann im Gebäude wohin ging.
Die Bürogebäude sind heute vollständig entkernt. Das sind die Folgen des Versuchs in die Gebäude Appartements einzubauen. Während unserer Führung sehen wir immer wieder Leute, die dort mit Aufräumen und Säubern beschäftigt sind. Es tut sich was auf dem Teufelsberg.
Wir erreichen das Treppenhaus und gehen ein Stockwerk nach oben. In diesem Bereich waren die Büros der Analysten untergebracht. heute ist es nur noch eine große Halle. Für Künstler wurden Wände aufgestellt, auf denen großflächige Kunstwerke zu bewundern sind.
Der Fahrstuhl im Treppenhaus geht schon lange nicht mehr. So arbeiten wir uns Stockwerk für Stockwerk nach oben. Auf jeder Ebene gibt es eine interessante Geschichte von unserem Guide.
Nun haben wir das erste Mal eine tolle Aussicht auf Berlin. Im Hintergrund erkennt man deutlich Funk- und Fernsehturm. Die Skyline ist beeindruckend anzuschauen.
Einige Geschichten und Stockwerke später haben wir das Dach des Bürogebäudes erreicht. Wir stehen direkt vor den großen Radomen. Das Wetter passt – es macht mir heute großen Spaß zu fotografieren.
In einer leeren Radarkuppel steht heute eine Badewanne. Ich erfahre, sie wurde dort von einem Künstler für ein Fotoprojekt hergeschafft und dort gelassen. Im unteren Bereich ist die weiße Außenhülle der Kuppel schon zerstört. Sie besteht aus GFK.
Von diesem Dach haben wir eine tolle Aussicht auf den Grunewald.
Nun wird es Zeit den letzten Aufstieg in Angriff zu nehmen. Wir steigen im großen Radarturm hinauf. Wieder gibt es pro Stockwerk eine neue Geschichte über die Anlage und deren „Bewohner“.
Ich gehe am Schluß der „Menschenschlange“, so kann ich au ein paar Fotos ohne Menschen auf dem Bild schießen. Etwa 30 Personen nehmen an der Führung teil. Einige wenige sind an ihrem Outfit als Geocacher zu erkennen.
Die Aussicht hier oben hat es mir angetan. Man kann heute sehr weit ins Land blicken.
Auch beim großen Radarturm ist die weiße Außenhülle kaputt. Der einzige Vorteil ist, dass man so auf jeder Ebene in die Ferne schauen kann. Hier der Blick auf das Olympia-Stadion von Berlin.
Und hier der Blick in die andere Richtung auf den Grunewald. Am Ende der Bürogebäude ist gut der erste Search-Tower zu sehen, der in der Zeit von 1963 bis 1969 erbaut wurde.
Nun erreichen wir die Kuppel des großen Radarturmes. Künstler haben hier ein riesiges Gemälde hinein gemalt. Hier hat es auch eine interessante Akustik – unser Guide stimmt mit allen Besuchern ein Lied an – das Echo ist beeindruckend.
Jetzt geht es wieder abwärts. Ich mache noch ein letztes Foto auf dem Dach bevor es wieder bis ganz nach unten geht. Die Skyline in Verbindung mit den Radomen ist ein schönes Motiv um etwas damit zu „spielen“.
Wir erreichen einen Platz hinter dem großen Bürogebäude. Von hier hat man fast einen „Postkartenblick“ auf die drei Radarkuppeln. Wir haben genügend Zeit Fotos zu machen.
Die Führung neigt sich dem Ende. Die zwei Stunden sind fast wie im Flug vergangen. Auf dem Weg zum Ausgang drehe ich mich noch einmal um und kann so das letzte Foto der Radome auf dem Gelände schießen. Ja, ich weiß, ich habe diese weißen Knollen schon viel zu oft fotografiert!
Kurz vor dem Verlassen des Geländes erzählt uns unser Guide noch eine abschließende Geschichte und bietet danach ein kleines Buch zu Preis von 5? über den Teufelsberg an. Ich greife zu und stelle später zu Hause fest, dass es sich gelohnt hat: Der Berliner Teufelsberg von Klaus Behling und Andreas Jüttemann (Provisionslink).
Wir verlassen nun den Teufelsberg und laufen durch den Grunewald dieses Mal zu der S-Bahnstation Grunewald. Unterwegs habe ich noch ein letztes Mal freie Sicht auf die Radome.
Damit geht ein toller Besuch des Berliner Teufelsberg mit seiner ehemaligen Abhörstation für uns zu Ende. Wenn Ihr noch mehr Bilder von unserem Besuch sehen möchtet, so werft doch bitte einen Blick in das zugehörige Webalbum.